Samstag, 21. Dezember 2013

Weihnachtsgrüße

Hallo Ihr Lieben,
Weihnachten hat die Türschwelle nun schon fast erreicht. Und auch wenn das Wetter sich nicht stimmungsvoll auf eine weiße, schneeverträumte Landschaft einlassen will, wünsche ich euch ein paar schöne und entspannte Festtage im Kreise eurer Lieben.
Ich werde heute noch schnell die letzten Kleinigkeiten kaufen (man hat ja immer das Gefühl, noch etwas vergessen zu haben).
Für euch habe ich einen kleinen Weihnachtsmann kreiert, der den Weihnachtsstress einfach mal links liegen lässt und sich selbst in einem kleinen Buch verliert. In diesem Sinne: Schaltet auch ihr einfach mal ab und genießt das Hier und Jetzt und den Weihnachtsbaum!


Ich wünsche euch ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute für das Jahr 2014!
Und eine Ankündigung noch:
Bald werde ich hier eine kleine Cartoon-Serie starten. Ihr dürft euch auf Anton und Antonia freuen. Und weil die beiden ihren Auftritt kaum abwarten können, haben sie sich hier schon einmal hinein geschmuggelt;).



Fröhliche Weihnachten und liebe Grüße
eure Pebby

Freitag, 29. November 2013

Von Blamagen auf Schützenfesten und nächtlichen Ruhestörungen. Verlachen oder mitlachen?


Ich lach mich schlapp! Das ist ja schließlich gesund. Doch sind nicht immer alle Beteiligten einer komischen Szene so glücklich taumelnd wie diejenigen, die vor Heiterkeit schon rot anlaufen und deren mit Lachtränen getränktes Mascara mal wieder das Outfit versaut. Wenn es jemanden gibt, der in einer komischen Szene nicht mitlacht, so mag es daran liegen, dass sein Humor ein anderer ist, es mag aber auch sein, dass er ganz einfach das Opfer der Lachattacke ist und ihm darum das Lachen nicht so ganz glücken will.
Genau so ein Opfer setzt uns Wilhelm Busch mit seinem kleinen, rundlichen Knopp vor die Nase. So wird Knopp in dem Kapitel „Ländliches Fest“ (S. 170-176) der Knopp-Trilogie eine für ihn bittere und peinliche Lektion erteilt. Denn Knopp glaubt auf diesem Fest mit einer grandiosen Tanzeinlage zu glänzen. Doch leider ist dem gar nicht so. Nicht seinem Können gebührt die ausgelassene Heiterkeit.
 S. 173
Während Knopp alles gibt, merkt er leider nicht, dass das breite Grinsen der Zuschauer nicht Bewunderung zum Ausdruck bringt, sondern dass sie sich über etwas amüsieren, wovon Knopp keine Ahnung hat. Ein Schweine-Ringelschwanz verleitet die Zuschauer zur Erheiterung, ein Schweine-Ringelschwanz an Knopps Frack, festgebunden ohne Knopps Zustimmung (schließlich weiß er nichts davon) von dem frechen Franz
S. 172
Und der ahnungslose Knopp wiegt sich nun in der Bewunderung, die keine ist und gibt sich elegant mit einem Teil an seinem Hintern, das jede Eleganz ins Gegenteil verkehrt. Und der Erzähler verschärft noch Knopps Lächerlichkeit, indem er mit Ironie und Augenzwinkern sagt: „Doch die höchste Eleganz / Zeiget er im Solotanz.“ (S. 173).
Erst als Knopp dann auch noch die Hose platzt (wieder einmal ist daran der Franz schuld), wird Knopp sich der Peinlichkeit bewusst und ihm bleibt nichts anderes übrig, als erst einmal auf "Die stille Wiese“ (S. 177-181) zu flüchten, um dort die Löcher in der Hose und die Wunden auf seiner Seele zu stopfen. Doch natürlich endet auch das Kapitel ziemlich schlecht für Knopp und so kommt es zu dem stets sich ähnlich wiederholendem Satz am Ende eines jeden Kapitels des ersten Buches: „Schnell verlässt er diesen Ort / Und begibt sich weiter fort.“ (S. 176)
Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit aus dem harten Verlachen ein identifizierendes Mitlachen wird? Zum einen kann es bereits am Thema liegen. Eine Begebenheit, in die wir uns hineinversetzen können, weil sie uns aus unserem täglichen Umgang vertraut ist, die uns selbst vielleicht schon widerfahren ist, verleitet uns viel mehr dazu, uns mit dem Geschehen und deren Protagonisten zu identifizieren als ein festgebundener Schweineschwanz an der Jacke. Das wird uns auf dem nächsten Schützenfest wohl nicht passieren (es sei denn, es findet jetzt Nachahmer;)).
Weiterhin wichtig ist die Haltung, die unser Komik-Opfer selbst einnimmt. Während Knopp beim „Ländlichen Fest“ doch einer ziemlichen Selbstüberschätzung unterliegt (was bildet dieses unförmige Kerlchen sich ein, eine Augenweide der Eleganz zu sein!), die wir gerne abstrafen (siehe hierzu auch Blogeintrag vom 01.10.2013), findet Knopp in einer anderen Szene eher unsere Anteilnahme und unser Lachen wird milder.
Diese andere Szene findet sich im Kapitel „Eine unruhige Nacht“ (S. 277- 281). Dieses Kapitel liefert vielen von uns (mir jedenfalls) Identifikation stiftende Nachvollziehbarkeit, denn es geht um die Schlaf raubenden Nächte frischer Eltern (die danach nicht mehr ganz so frisch sind ;)). Knopp handelt in diesem Kapitel nicht selbst überschätzend lächerlich, sondern fremdbestimmt verzweifelt (durch Julchens Geschrei). Und das löst in uns kein hartes Verlachen aus, sondern ein mitfühlendes Mitlachen. Knopps nächtliche Aktivitäten, um Julchens Schrei-Knopf auf die Off-Position zu drehen, kommen einem irgendwie vertraut vor. Egal, ob nächtliches Getränk oder Toilettengang, „Julchen macht: ‚Rabä, rabä!’“ (Busch, W. S. 279). Und im Vergleich zum „Ländlichen Fest“ setzt Busch dieses Mal seinen Erzähler anders in Szene. Ist er beim Fest noch distanziert und ironisch (s. o.), so ruft er hier mit Figurenperspektive (Knopp) aus: „Lieber Gott, wo mag’s denn fehlen? / Oder sollte sonst was quälen?“ (Busch, W., S. 279). Na, wenn der Ausruf nicht nachvollziehbar ist … 
Ihr seht also: ein nachvollziehbares Thema, eine sympathisch handelnde Figur und ein Erzähler, der auf Figurenebene agiert, der sich nicht – das Geschehen distanzierend – zwischen die Figuren und dem Leser schiebt, kann aus einem harten Verlachen ein mildes Mitlachen machen.
Wenn ihr also jetzt auf die Weihnachtsmärkte stürmt und euch von Bude zu Bude voran arbeitet, seid auf der Hut, wenn euch heitere Aufmerksamkeit zuteil wird!
Ich wünsche euch allen einen schönen Weg durch die Adventszeit!
Liebe Grüße
Eure Pebby
 
Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke II. Was beliebt ist auch erlaubt. Hrsg. von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann 1982.

Mittwoch, 13. November 2013

Achtung – die Torte kommt zurück! Slapstick rollt den Schneeball.

Gönne deinem Gegenüber einen Klecks Sahne und triff mitten ins Gesicht. Wetten, dass du eine Antwort erhältst – in Form einer Torte, leider auch mitten ins Gesicht. Dieses Agieren und Reagieren mit steigendem Erfolg bezüglich des angerichteten Chaos’ nennt sich gerne auch Slapstick. (siehe Sachwörterbuch der Literatur (Slapstick-Komödie)). Oft geht es dann in Richtung Klamauk und manch einer kugelt sich gleich den Protagonisten auf dem Boden (vor Lachen), andere finden, dass das Ganze jetzt in Richtung albern abdreht. Die Geschmäcker sind da halt verschieden.

Da Slapstick von schneller Aktion und Reaktion lebt, ist es häufig im visuellen Bereich angesiedelt. Helden hierin sind die „Männer ohne Nerven“ (wer kennt sie noch?) oder auch Stan Laurel und Oliver Hardy in „Dick und Doof“ (die kennt ihr aber noch, oder?). Wenn Stan Oliver auch nur am Hut zupft, weiß man, da folgt noch was. Häufig fangen Aktion und Reaktion mit zeitlicher Dehnung an, sodass wir uns innerlich schon mal vorbereiten können (Spannung). So grinst Stan seinen Kollegen gerne erst einmal an, nachdem er so mutig war (oder so trottelig) und Olli gepiekst hat und bevor Olli ihm eine Antwort (eine körperliche) auf diesen Mut gibt. Und dann können wir uns zurücklehnen und das sich immer weiter ausbreitende Chaos genießen.

Auch die Knopp-Trilogie weist Szenen mit Slapstick-Elementen auf. Und auch hier kommt hauptsächlich das Visuelle zum Tragen. So wird Knopp „[i]m Kapitel ‚Heimkehr’ […] mit Gegenständen konfrontiert, die eine scheinbare Aktivität erlangen, […]. Knopps Handlungsintention, eine Feuerquelle aufzufinden, wird opponiert von Gegenständen, die nun ein ‚aktives Milieu’(Klotz,V., S. 35) bilden. So hält der Küchenschrank seine geöffnete Tür bereit, das Milchgeschirr ergießt den Inhalt über Knopps Füße und schließlich schnappt die Mausefalle zu. Doch Knopp verfolgt unbeirrt sein Ziel.“ (Brüning, P., S. 76)
 
 S. 249
 
Gerade diese Unbeirrbarkeit Knopps zieht uns die Mundwinkel mal wieder in die höheren Lagen des Gesichts. Wahrscheinlich könnte das Haus unter den Füßen weggesprengt werden – Knopp würde weitersuchen. Und diese Absurdität ist es, die uns zum Lachen animiert. Wir verlachen Knopp für die Fehler, die ihm bei seiner Suche widerfahren und freuen uns, dass wir hier schön sitzen und nur Betrachter dieser Szene sind – und wären wir selbst in der Szene gewesen, hätten wir uns natürlich viel geschickter verhalten – denken wir und übersehen dabei schon den nächsten Fettnapf, der für uns bereitsteht.

Slapstickeinheiten arbeiten oft mit dem „Schneeballeffekt“ (Bergson, S. 54-57). Denn wenn ich nur mal kurz an deinen Haaren zupfe und du bei mir daraufhin gleich sämtliche Karate-Tricks anwendest, bin ich schon sehr froh, wenn ich von meiner benachteiligten Position in Bodennähe erkenne, dass just meine Freunde um die Ecke kommen;). Wenn das man kein Schneeball mit Lawinenpotential ist!

Auch Mickefett (dieser Bursche ist uns schon im letzten Post durch Julchens Fenster geklettert) schafft es, bei Familie Knopp den Schneeball ins Rollen zu bringen. Denn nachdem das vermeintliche Julchen sich als deren ältliche Tante entpuppt hat, kommt der Schneeball mit Tantchens Geschrei und Klingelei so richtig in Fahrt – und Familie Knopp ins Zimmer. Das Chaos, das dann angerichtet wird, sieht man hier:

 S. 314
 
Doch hat Mickefett noch Glück und kann sich aus dem sich prügelnden Haufen befreien und unerkannt zum Fenster entkommen – leider mit einer Rose zwischen den Beinen. Tja …

 S. 315
So, liebe Leute, ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren des Schneeballeffekts von Slapstickelementen – und schließt vorher eine Krankenhaustagegeldversicherung ab;).
Bis bald
eure Pebby

Bergson, Henri: Das Lachen. Ein Essay über die Bedeutung des Komischen. Zürich: Die Arche 1972.
Brüning, Petra: Die Knopp-Show bei Wilhelm Busch. Funktionsweisen der Komik in Wilhelm Buschs Knopp-Trilogie. Hamburg: Diplomica 2013.
Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke II. Was beliebt ist auch erlaubt. Hrsg. von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann 1982.
Klotz, Volker: Was gibt’s bei Wilhelm Busch zu lachen? In: Die boshafte Heiterkeit des Wilhelm Busch. Hrsg. von Michael Vogt. Bielefeld: Aistesis 1988. S. 11-49.
Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur. 8. verb. Auflage. Stuttgart: Kröner 2001.

 

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Keine Ahnung vom Bullen? Dann steig mal durchs Fenster ...


Hallo ihr Lieben,

es ist wieder soweit. Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht bzw. einen Blick in mein Werk über Komik geworfen. Dabei habe ich festgestellt, dass es von Vorteil ist, etwas zu wissen. Das ist nicht nur im täglichen Leben so, sondern auch, wenn man im Feld der Komik herumspaziert. Klar, wir lachen auch gerne, wenn wir überrascht werden. Ein Beispiel: Wenn ich penibel mit Rückspiegelblick und zusätzlichem Versuch einer 180-Grad-Drehung meines Kopfes die Möglichkeiten abschätze, heile rückwärts aus der Parklücke zu kommen, nur um dann vorwärts gegen die Wand zu fahren, weil ich mal wieder vergessen habe, den Rückwärtsgang einzulegen, so sind wir alle überrascht und lachen (naja, ich vielleicht weniger;)).

Doch wird auch gerne gelacht, wenn der Betrachter oder Leser vorher schon über Infos verfügt, über die unser komischer Held gerne verfügen würde, es aber nicht tut. Eine wirkliche Überraschung ist dann für den Rezipienten (denjenigen, der die komische Situation betrachtet) nicht mehr gegeben, dafür kann er sich vorher schon die Hände reiben, wenn er sieht, dass unser ahnungsloser Held genau den Weg entlangläuft, an dessen Ende schon der Bulle wartet (ich meine das Tier), um ihn auf die Hörner zu nehmen. Hoffentlich trägt unser komischer Held keinen allzu großen Schaden davon, sonst bekommen wir eventuell Mitleid (siehe meinen Beitrag v. 18.10.2013).

Ein schönes Beispiel für Wissensvorsprünge gibt es in dem Kapitel „Eine Tante auf Besuch“ (S. 305-315) aus dem dritten Buch der Knopp-Trilogie von Wilhelm Busch. In diesem Kapitel macht sich der in seinem pubertierenden Liebesrausch stehende Jüngling Mickefett des Nachts auf zu Julchens Fenster. Julchen ist die gleich drei jungen Männern Kopf-verdrehende Tochter unseres Helden Knopp. Mickefett sucht also des Nachts das Fenster von Julchens Zimmer auf, jedoch nicht etwa, um dort seine Liebeslieder zu trällern. Er geht gleich aufs Ganze und klettert durchs geöffnete Fenster. Und jetzt kommt uns unser Wissensvorsprung zugute. Denn wir wissen, dass in dieser Nacht eben nicht Julchen in ihrem Zimmer weilt, sondern deren ältliche Tante (Julchen weiß das übrigens auch und freut sich darüber mindestens genauso wie wir – so sind sie halt, die selbstbewussten jungen Mädels;)). Und mit dem Einstieg Mickefetts durchs Fenster beginnen wir mit dem Händereiben und Grinsen (hoffe ich). Denn wir wissen: das wird anders enden als Mickefett es sich in seinen schönsten Träumen ausgemalt hat. Unser Grinsen gewinnt an Ausdehnung (und die kribbelige Spannung steigt), wenn es unter der nächsten Zeichnung heißt: „Und er küsst die zarte Hand, / Die er da im Dunkeln fand.“
 
 S. 311
Und wenn im nächsten Bild Mickefett stürmisch die Tante erobert, kann selbst der Erzähler nicht mehr an sich halten und ruft „Mickefett! Das gibt Malheur, / Denn die Tante liebt nicht mehr! –“.
 
 S. 312

Erst die Alarm schlagende Tante hebt Mickefett auf unseren Wissensstand – leider etwas zu spät, denn schon kommt Familie Knopp angerast und nimmt teil an einer herrlichen Rauferei – außer Julchen, die steht im Türrahmen und grinst sich einen.  
 
 S. 314
 
Im Gegensatz zum Verblüffung generierenden Umschlag wird in diesem Fall Heiterkeit durch die Spannung aufbauende Vorinformation erzeugt. Und wenn unser Mehrwissen, das in uns eine Erwartungshaltung aufbaut, dadurch bestätigt wird, dass der Bulle jetzt mit neuem Kopfschmuck (unserem Helden) durch die Gegend rennt, dann freuen wir uns halt einfach, dass wir mal wieder Recht behalten haben und schlau sind. Wir wären schließlich nicht den Weg weiter gewandert ;).

Ich wünsche euch, dass ihr viele komische Helden entwickelt, die uns mal überraschen, mal unsere Erwartungshaltung bestätigen und uns immer Vergnügen bereiten. Und denjenigen, die keine Helden entwerfen wollen, wünsche ich viel Genuss, wenn ihnen komische Situationen im Fernsehen, in Büchern, im Internet, im Radio, im Leben – einfach überall – begegnen. Vielleicht könnt ihr sie dann ja dem Überraschungs- oder dem Hab-ich-mir-doch-gleich-gedacht-Effekt zuordnen.

In diesem Sinne – passt auf euch auf und denkt an den Bullen!

Viele liebe Grüße

eure Pebby Art

 

Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke II. Was beliebt ist auch erlaubt. Hrsg. Von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann 1982.

Freitag, 18. Oktober 2013

Das ist nicht komisch! – Wie Jack mich mit der Titanic unter Wasser zieht

 
Hallo ihr Lieben,
 
noch sind Herbstferien, aber es schadet ja nix, sich mit ein paar Dingen auseinanderzusetzen. Und da es immer noch etwas zum Thema Komik zu sagen gibt, geht es heute mal wieder um selbige – auch wenn die Überschrift das Gegenteil behauptet ;). Diesmal steht die Bedingung der Folgenlosigkeit und der Distanz für die Existenz von Komik auf dem Programm. Das hört sich jetzt ziemlich trocken an, liegt aber nicht an mir. Ich muss das hier einfach aufgreifen, weil so viele komische Theoretiker bzw. diese Begriffe auf ihr Papier gebracht haben, sie also für die herausragenden Bedingungen für die Existenz von Komik halten.
Heißt also: keine Distanz, keine Komik, denn Herr Sauerbrot steht uns nicht wirklich nahe (siehe Blogeintrag vom 01.10.2013). Täte er das und würde dann tot umfallen – oje, wir würden Rotz und Wasser heulen, anstatt zu kichern.
Ich habe aber noch nie gehört, dass jemand um Herrn Sauerbrot auch nur eine (Heul-) Träne vergossen hätte. Das Leben des Herrn Sauerbrot ist uns schnurzpiepegal. Denn da ist sie: die Distanz.
Und wer hat sie erschaffen? In diesem Falle Wilhelm Busch mit Hilfe seines Erzählers und seines Zeichenstils. Der Erzähler steht bei Wilhelm Busch an prominenter Stelle. Er zeigt uns quasi, was da vorne auf der Bühne so passiert. Und indem er sich selbst einblendet, stellt er sich zwischen uns und dem Geschehen und verschafft uns die nötige Distanz.
Doch auch Sauerbrot selbst verspielt mit seinem Freudentanz über den Tod seiner Frau alle Karten des Mitleidens. Sein Verhalten ist doch eher etwas befremdlich – und distanziert uns. So einem schrägen Typen wollen wir lieber nicht zu nahe kommen. Wer weiß, was der mit uns nächstes Mal im Schilde führt?  
Die cartoonhafte, schematische Zeichenweise Wilhelm Buschs tut ihr Übriges und setzt nicht gerade auf Einfühlungsvermögen.
 
Doch ist daraus zu schließen, dass Komik ausschließlich mit Hilfe von Distanzierungsmaßnahmen funktioniert? Was ist dann mit den romantischen Komödien, bei denen wir uns (ich meine hier eher uns Frauen) gleichzeitig vor Rührung die Augen ausheulen und Lachtränen produzieren? Hier harmonieren Komik und Einfühlungsvermögen miteinander. Doch worüber lachen wir denn da? Gewiss nicht über den Tod unseres Lieblingshelden, sondern über Missgeschicke, plötzliche Wendungen (Umschläge J - siehe Post vom 25.09.2013), die unseren Helden passieren, die sie aber nicht tödlich getroffen umhauen. Denn dann wären wir geschockt. Unsere Helden und Heldinnen stehen uns einfach zu nahe.
 
Daraus folgt, dass die Nähe bzw. Distanz zu einer Figur ausschlaggebend darüber ist, wie die Komik angesetzt werden darf, damit sie wirkt. Hier kommt die Folgenlosigkeit ins Spiel. Natürlich ist für uns alles folgenlos, was wir uns im Fernsehen anschauen oder aus einem Buch herauslesen – theoretisch. Doch wenn wir uns einfühlen, fühlt es sich eben nicht folgenlos an. Wir fühlen uns involviert – weswegen steigt sonst unser Papiertaschentuchverbrauch ins Unermessliche, wenn Jack mal wieder mit der Titanic untergeht. Und ja, Jack stirbt, das wissen wir alle. Und das ist dann auch gar nicht komisch. Im Gegenteil, die Szene ist zum Heu... – wo ist mein Taschentuch?? Und doch gibt es vorher Szenen, über die ich lache. Wenn Rose und Jack zum Beispiel ihren Verfolgern entkommen und – Überraschung – doch nicht mehr im Auto stecken (die sind halt schnell ;)). James Cameron schafft es, mich ganz auf Roses und Jacks Seite zu ziehen, mich in sie hineinzufühlen. Da lache ich doch gerne über ihre Gegner.
 
Denn es gibt eben unterschiedliche Arten von Komik und somit auch des Lachens. Herrn Sauerbrot, den kann ich, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen, verlachen, wenn dieser sich vor Schreck erstarrt tot umfallen lässt. Doch bei meinen Lieblingshelden, die mir nicht nur sympathisch dargeboten werden, sondern in die ich mich bestenfalls empathisch hineinversetze, denen dürfen nur kleine, folgenlose Missgeschicke passieren, wenn ich darüber lachen soll. Natürlich dürfen sie auch leiden. Und ich leide dann mit ihnen. Das kann auch ein unvergessliches Erlebnis sein. Nur sind wir hier ja beim Thema Komik und die funktioniert nur, wenn entweder die Distanz zur Figur groß genug ist, oder aber die Folge der komischen Situation, des Missgeschicks nicht schwerwiegend ist, sodass mein Held bestenfalls selbst darüber lachen kann. Wie groß nun die Distanz sein muss, damit man lachen kann, ist natürlich individuell verschieden.
 
 
Und mit einem individuellen Gruß an alle möchte ich mich für heute verabschieden. Schreibt gerne einen Kommentar oder schickt mir eine Mail. Auch über Follower auf twitter oder Google+ und Fans auf Facebook freue ich mich!
 
Liebe Grüße – bis zum nächsten Mal
Pebby

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Selbst schuld - keine Gnade für den in der Regentonne

Hallo ihr Lieben,

Die Weiterführung des Umschlags vom letzten Beitrag führt uns heute in die Regentonne. Es geht um gesellschaftliche Moralvorstellungen und darum, was passiert, wenn wir uns nicht dran halten.

Wir lachen, um zu strafen – das zumindest behauptet Friedrich Georg Jünger. Das hört sich nicht gerade sympathisch an – wo ich doch immer dachte, lachen sei positiv besetzt. Aber nein, wenn ich genau hinschaue, dann sehe ich die Schadenfrohen da hinten in der Ecke sitzen und sich eins ins Fäustchen lachen – und wenn sie gemein sind, sogar in die ganze große Faust.

Denn ganz so Unrecht hat Jünger nicht. Lachen kann sehr wohl verletzen, dann nämlich, wenn ihr über meine Dummheit mit der Kellertreppe lacht (Achtung: die Kellertreppenstory war im letzten Beitrag vom 25. Sept.), bei der ich mich eh schon verletzt habe, und jetzt straft ihr mich auch noch mit Gelächter. Wofür eigentlich?

Jünger sagt, für die Normverletzung. Darauf gebe es nun mal eine Replik, also eine Antwort. Nun habe ich bei der Kellertreppe ja lediglich versehentlich die Norm des richtigen Weges nicht eingehalten, indem ich das Schlafzimmer gedanklich hinter die Kellertür gesetzt habe. Ich hoffe, dass euer Lachen daher doch aufgrund des unerwarteten Umschlages und der instabilen Struktur entstanden ist und nicht, weil ihr mir den Fall die Kellertreppe hinunter gegönnt habt ;).

In der Knopp-Trilogie jedoch gibt es einige Beispiele, die sehr schön Jüngers Theorie von Normverletzung und Replik belegen. Eine meiner Lieblingsszenen ist die mit Herrn Sauerbrot, der sich gerade unbändig darüber freut, dass seine Frau gestorben ist. Dort heißt es nämlich: „’Heißa!’ rufet Sauerbrot. / ‚Heißa! Meine Frau ist tot!’“ (S. 200). Dabei tanzt er auch noch federnd auf und ab und klatscht in die Hände. Na, Herr Sauerbrot – wenn das mal nicht eine eindeutige Normverletzung ist. So etwas gehört sich nicht ;).
Busch, W., S. 200
 
Und weil sich so etwas nicht gehört, lässt die Replik auch nicht lange auf sich warten. Sie erscheint in Person von Frau Sauerbrot, die wohl nicht so tot war, wie Sauerbrot glaubte. Dazu fällt Sauerbrot nichts anderes ein, als selbst tot umzufallen. „Starr vor Schreck wird Sauerbrot, / Und nun ist er selber tot. –“ (S. 204) Das hat er jetzt davon.

Wobei auch diese Szene mit vom Umschlag lebt, denn nicht nur Sauerbrot, auch Knopp und wir als Zuschauer und Leser sind überrascht und verblüfft über das Aufkreuzen von Frau Sauerbrot, die uns doch als komplett tot angekündigt wurde.

Eine komische Situation kann demnach dadurch hervorgerufen werden, dass gesellschaftliche Regeln und Moralvorstellungen zunächst gebrochen und durch eine Erwiderung anschließend wieder hergestellt werden. Nach dem Motto: „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“, erfreut es uns, wenn alles wieder seine Ordnung gefunden hat.

Wenn mich also jemand in den Pool schubst, dann hoffe ich doch sehr, dass ihr lacht, wenn mein großer Bruder auftaucht und den Schubser in eine mit schmutzigem Wasser gefüllte Regentonne tunkt. Denn damit hat mein Bruder die Norm wieder hergestellt und wir können alle zufrieden sein – außer vielleicht der Getunkte ;).

Ich wünsche euch allen eine schöne Zeit und passt auf, dass ihr keine Normen verletzt – ihr wisst ja, das endet in der Regentonne ;)

Liebe Grüße
Pebby
 

Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke II. Was beliebt ist auch erlaubt. Hrsg. Von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann 1982.

Jünger, Friedrich Georg: Über das Komisch. Zürich: Arche 1948.

Mittwoch, 25. September 2013

Der Umschlag - oder wie heißt das Ding, das mich umhaut?


Hallo ihr Lieben,

Geschichten erfinden und Geschichten schreiben, das sind die Themen, mit denen sich dieses Blog auseinander setzt. Doch auch für eher visuell Interessierte wird es ein paar Leckerbissen geben: Es befinden sich einige Comic-Strips und Cartoons in der Planungsphase. Und bis die die Endkontrolle passiert haben, werde ich euch ein paar Beiträge zum Thema Komik liefern.

 

Etwas Komisches erheitert und ist lustig und Lustiges ist schön, macht Spaß, ist gesund. Doch warum ist etwas lustig? Darüber haben sich nicht nur bekannte Persönlichkeiten wie SigmundFreud den Kopf zerbrochen, sondern auch ich – zum Beispiel in meinem Werk Die Knopp-Show bei Wilhelm Busch (als eBook und PDF auch beim Grin-Verlag).

Nun müsst ihr nicht das ganze Werk durchackern (wer erzähltheoretisch interessiert ist, darf das natürlich gerne J). Für alle anderen habe ich hier einzelne kleine Häppchen. Das heutige trägt den Namen „Umschlag“. Ich habe es etwas gesüßt und mit einem Sahnehäubchen aufgepeppt, damit es nicht ganz so trocken schmeckt.

Mein zu untersuchender Pudding (um im Bereich des süßen Genießens zu bleiben ;)) ist die Knopp-Trilogie von Wilhelm Busch, die mir besser gefällt als Max und Moritz, denn ihr Humor ist sanfter, heimeliger, mit einer Portion Ironie, die immer wieder auf die Hauptperson klatscht: Tobias Knopp.

Der Umschlag im Zusammenhang mit dem Thema Komik ist weder ein Buch- noch ein Breiumschlag, sondern ein Richtungswechsel innerhalb der Handlung und zwar plötzlich und unerwartet. Wenn ich zum Beispiel die Tür öffne und in mein Schlafzimmer schreite, dann werde ich wahrscheinlich ein paar Überraschungslacher ernten, weil ich in Wirklichkeit die Kellertür erwischt habe und nun die Kellertreppe abwärts sause. Und wenn ich mir nicht zu sehr wehgetan habe, lache ich sogar ein wenig mit. Und das Ganze passiert aufgrund eines plötzlichen Umschwungs. Wir waren alle nicht auf die Kellertreppe vorbereitet. Ihr nicht, weil ich euch erzählt habe, dass ich ins Schlafzimmer gehe und ich nicht, weil ich wirklich dachte, dass ich ins Schlafzimmer gehe.

Was hat Tobias Knopp nun mit dem Umschlag zu tun – außer dass er mit seinen winzigen Füßen und dem Pulverfassbauch so aussieht, als ob er jeden Augenblick in die Waagerechte umschlägt? In der Knopp-Trilogie wimmelt es nur so von Umschlägen, plötzlichen Umbrüchen in der Handlung, das heißt, etwas tritt ein, das nicht erwartet wurde.

Knopp zum Beispiel haut es fast um, als er sich endlich ein Herz fasst und an die Tür seiner in der Jugendzeit erfolglos Angebeteten klopft. Der Umschlag reißt aber nicht nur Knopp von den Füßen, er überrascht uns ebenso, denn wir erfahren im gleichen Moment wie Knopp, dass seine angebetete Schönheit zu einer alten, langnasigen Schachtel verkommen ist. Doch es kommt noch schlimmer: denn anstatt einer Abfuhr, die Knopp in Jugendzeiten stets erfahren hat und die er sich jetzt sicherlich herbeisehnt, ist die angebetete Adele nun ganz begeistert von Knopp und zieht diesen in ihr Gemach, in dem Knopp sich alles andere als wohl fühlt. Gut, dass nun Knopp neben der entzückten, ausgedörrten Adele sitzt und nicht wir, denn so können wir uns an seinem Gefühlsumschlag erfreuen.

Busch, W. S. 157 

Der Umschlag beinhaltet eine plötzliche Wendung, die eine neue Situation schafft. Diese Situation ist zunächst instabil, da sich alle Positionen neu ordnen und finden müssen. Die situative Instabilität ruft als körperliche Reaktion Verblüffung hervor (s. Iser, W.).

Hä, was ist das – denken wir – denkt Knopp. Und dann begreifen wir die gekippte Situation und lösen unsere Verblüffung in Lachen auf – nur Knopp nicht: der muss fliehen, anders kommt der arme Kerl da nicht wieder raus. Denn er ist einfach zu nah dran am Geschehen. Wie gut, dass für uns das Geschehen folgenlos bleibt, so können wir uns erheitern, ohne dass Gefahr für uns droht oder besser gesagt: gerade weil uns keine Gefahr droht, amüsieren wir uns. Und weil die Folgenlosigkeit bzw. die Distanz zum komisch Dargestellten von vielen Theoretikern der Komik als eine absolute Bedingung für die Komik angesehen wird, werden wir uns in einem der kommenden Beiträge mit der Frage beschäftigen, ob dem denn wirklich so ist.    

 

Wie übermitteln nun Texte bzw. Bilder die Plötzlichkeit eines Umschlags?

Dem Bild fällt das relativ leicht, da es simultan erschlossen werden kann. Das bedeutet, dass wir ein Bild / eine Zeichnung relativ zügig ganzheitlich wahrnehmen (auch wenn Details hinterher noch erforscht werden können, und natürlich ist ein Wimmelbild langsamer zu erschließen als ein Bild aus der Knopp-Trilogie). Eine Bilderfolge ist bestens geeignet, um uns einen plötzlichen Situationswechsel zu zeigen.

 


Busch, W. S: 302



Bei einem Text müssen aufgrund seiner Beschaffenheit aus aufeinander folgenden Buchstaben diese nacheinander erschlossen werden. Es ist daher oftmals für die Wirkung des Textes von entscheidender Bedeutung, wann er welches Wort, welchen semantischen Sinn freigibt. Eine zu früh verratene Pointe kann ebenso einen Witz zerstören wie ein zu langes Hinauszögern. Der Text mit seiner sukzessiven Struktur tut sich etwas schwer mit der Bedingung der Plötzlichkeit. Doch schafft auch er es, einen Umschlag zu erzeugen, indem er zum Beispiel semantisch konträre Bereiche zusammenfügt. Ein Beispiel aus der Knopp-Trilogie: „… Rosen, Tanten, Basen Nelken / Sind genötigt zu verwelken;“ (Busch, W., S. 155). Hier kollidiert die Verwandtschaft mit der Botanik und generiert Umschwünge in unserem Vorstellungsvermögen.

In der Knopp-Trilogie arbeiten übrigens Text und Bilder hervorragend zusammen. Mal widerlegt das Bild den Text, mal präzisiert es ihn. Einfach schön J

Das war der erste Teil zum Thema Komik. Wenn ihr gerne noch weiter über Umschläge diskutieren möchtet, Anregungen habt, Lob oder Kritik äußern möchtet, dürft ihr gerne einen Kommentar hinterlassen.

Bis dahin verbleibe ich mit lieben Grüßen aus dem Emsland

Pebby Art   

 

Quellen:

Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke II. Was beliebt ist auch erlaubt. Hrsg. Von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann 1982.

Iser, Wolfgang: Das Komische: ein Kipp-Phänomen. In: Das Komische. Hrsg. Von Wolfgang Preisendanz und Rainer Warning. München: Fink 1976. S. 398-402.

 

Sonntag, 15. September 2013

Die Geschichte zu "Auf und weg!"


Dieser Blog beginnt mit einer kleinen Geschichte. Es ist die Geschichte eines vierjährigen Mädchens, das sich zunächst sehr freute …

Heute war Kirmes. Mit seinem Bruder und seiner Mama marschierte das kleine Mädchen los, genoss die dichter werdende Menschenmenge und das kribbelige Gefühl im Bauch, die Musik, die immer mehr von allen Seiten anschwoll, je näher sie dem Kirmesplatz kamen.

Gleich beim ersten Karussell wurde ein Holzpferdchen erobert, und das Mädchen haute eifrig seine Beine gegen das Holz, damit das Pferdchen wusste, dass nun ein rasanter Ritt von ihm erwartet wurde. Natürlich machte sich das Holzgestell wenig daraus und schwang erst langsam auf und ab, als der Karussellbesitzer den Motor anschmiss. Vorher hatte die Mama dem Mädchen noch die Fahrkarte in die Hand gedrückt. Als die erste Runde begann, strahlte das Mädchen übers breite Gesicht und in Gedanken jagte es mit seinem Pferdchen schon die Prärie entlang. In der Hand hielt das Mädchen Pfeil und Bogen – doch nein! Ein Blick auf seine linke Hand zeigte ihm, dass es etwas ganz anderes in den Händen hielt – etwas, was die anderen bereits verloren hatten, wie ein Blick auf die Reitkollegen zeigte. Die Fahrkarte! Das kleine Mädchen hatte die Fahrkarte noch! Der Karussellmann hatte sie ihm nicht abgenommen.

Anstatt sich zu freuen (was es in späteren Jahren bestimmt getan hätte), baute sich in seinem Kopf eine neue Szene auf. Eiserne Gitterstäbe, das vertraute Gesicht der Mama – davor und das kleine Mädchen selbst – dahinter! Denn es tat hier etwas Verbotenes, dessen war es sich sicher. Es fuhr Karussell, ohne diesen Fahrchip abgegeben zu haben! Gleich würden sie kommen, es mitnehmen und einsperren und – was das Schlimmste war: sie würden es seiner Mama berauben! Verschwommen, durch dicke Tränen sah es, wie seine Mama Runde für Runde an ihm vorbeiflog und ihm etwas zuzurufen schien. Schimpfte sie? War ihr Gesicht nicht verzerrt, wütend? Würde sie das Mädchen verstoßen? Wegen eines nicht abgegebenen Fahrchips?

„Kann ich dir helfen, kleines Fräulein?“ Die Stimme kam von links. Der Karussellbesitzer stand da. Wortlos drückte das Mädchen ihm den Fahrchip in die Hand.

Das Karussell hielt an und – dem Himmel sei Dank! – seine Mama schloss es in ihre Arme.

Das Mädchen fuhr jahrelang kein Karussell mehr.

Dies ist die Geschichte eines kleinen Mädchens, das vor etwas Angst hat, über das wir Erwachsene vielleicht sogar lachen würden.

Um wie viel größer sind die Ängste eines Kindes, dessen engste Vertrauenspersonen aus seinem Lebenskreis verschwinden, aus welchen Gründen auch immer.

Diese Gedanken haben mich dazu bewogen, die Geschichte von Emma und Floh zu schreiben. Auf und weg! möchte Kindern Zuversicht vermitteln, dass sie geliebt werden und nicht alleine sind, auch wenn die Beziehung der Eltern vielleicht nicht das gehalten hat, was diese sich erhofft haben.