Hallo ihr Lieben,
es ist wieder soweit. Ich
habe mir ein paar Gedanken gemacht bzw. einen Blick in mein Werk über Komik geworfen. Dabei habe ich festgestellt, dass es von
Vorteil ist, etwas zu wissen. Das ist nicht nur im täglichen Leben so, sondern
auch, wenn man im Feld der Komik herumspaziert. Klar, wir lachen auch gerne,
wenn wir überrascht werden. Ein Beispiel: Wenn ich penibel mit
Rückspiegelblick und zusätzlichem Versuch einer 180-Grad-Drehung meines Kopfes die
Möglichkeiten abschätze, heile rückwärts aus der Parklücke zu kommen, nur um
dann vorwärts gegen die Wand zu fahren, weil ich mal wieder vergessen habe, den
Rückwärtsgang einzulegen, so sind wir alle überrascht und lachen (naja, ich
vielleicht weniger;)).
Doch wird auch gerne gelacht,
wenn der Betrachter oder Leser vorher schon über Infos verfügt, über die unser komischer
Held gerne verfügen würde, es aber nicht tut. Eine wirkliche Überraschung ist
dann für den Rezipienten (denjenigen, der die komische Situation betrachtet)
nicht mehr gegeben, dafür kann er sich vorher schon die Hände reiben, wenn er
sieht, dass unser ahnungsloser Held genau den Weg entlangläuft, an dessen Ende schon der
Bulle wartet (ich meine das Tier), um ihn auf die Hörner zu nehmen. Hoffentlich
trägt unser komischer Held keinen allzu großen Schaden davon, sonst bekommen
wir eventuell Mitleid (siehe meinen Beitrag v. 18.10.2013).
Ein schönes Beispiel für
Wissensvorsprünge gibt es in dem Kapitel „Eine Tante auf Besuch“ (S. 305-315)
aus dem dritten Buch der Knopp-Trilogie von Wilhelm Busch. In
diesem Kapitel macht sich der in seinem pubertierenden Liebesrausch stehende Jüngling
Mickefett des Nachts auf zu Julchens Fenster. Julchen ist die gleich drei jungen
Männern Kopf-verdrehende Tochter unseres Helden Knopp. Mickefett sucht also des
Nachts das Fenster von Julchens Zimmer auf, jedoch nicht etwa, um dort
seine Liebeslieder zu trällern. Er geht gleich aufs Ganze und klettert durchs
geöffnete Fenster. Und jetzt kommt uns unser Wissensvorsprung zugute. Denn wir
wissen, dass in dieser Nacht eben nicht Julchen in ihrem Zimmer weilt, sondern
deren ältliche Tante (Julchen weiß das übrigens auch und freut sich darüber
mindestens genauso wie wir – so sind sie halt, die selbstbewussten jungen Mädels;)).
Und mit dem Einstieg Mickefetts durchs Fenster beginnen wir mit dem Händereiben
und Grinsen (hoffe ich). Denn wir wissen: das wird anders enden als Mickefett es
sich in seinen schönsten Träumen ausgemalt hat. Unser Grinsen gewinnt an
Ausdehnung (und die kribbelige Spannung steigt), wenn es unter der nächsten
Zeichnung heißt: „Und er küsst die zarte Hand, / Die er da im Dunkeln fand.“
Und wenn im nächsten Bild
Mickefett stürmisch die Tante erobert, kann selbst der Erzähler nicht mehr an
sich halten und ruft „Mickefett! Das gibt Malheur, / Denn die Tante liebt nicht
mehr! –“.
Erst die Alarm schlagende Tante
hebt Mickefett auf unseren Wissensstand – leider etwas zu spät, denn schon
kommt Familie Knopp angerast und nimmt teil an einer herrlichen Rauferei –
außer Julchen, die steht im Türrahmen und grinst sich einen.
Ich wünsche euch, dass ihr viele
komische Helden entwickelt, die uns mal überraschen, mal unsere
Erwartungshaltung bestätigen und uns immer Vergnügen bereiten. Und denjenigen,
die keine Helden entwerfen wollen, wünsche ich viel Genuss, wenn ihnen komische
Situationen im Fernsehen, in Büchern, im Internet, im Radio, im Leben – einfach
überall – begegnen. Vielleicht könnt ihr sie dann ja dem Überraschungs- oder
dem Hab-ich-mir-doch-gleich-gedacht-Effekt zuordnen.
In diesem Sinne – passt auf euch
auf und denkt an den Bullen!
Viele liebe Grüße
eure Pebby Art
Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke
II. Was beliebt ist auch erlaubt. Hrsg. Von Rolf Hochhuth. München: Bertelsmann
1982.
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