Freitag, 18. Oktober 2013

Das ist nicht komisch! – Wie Jack mich mit der Titanic unter Wasser zieht

 
Hallo ihr Lieben,
 
noch sind Herbstferien, aber es schadet ja nix, sich mit ein paar Dingen auseinanderzusetzen. Und da es immer noch etwas zum Thema Komik zu sagen gibt, geht es heute mal wieder um selbige – auch wenn die Überschrift das Gegenteil behauptet ;). Diesmal steht die Bedingung der Folgenlosigkeit und der Distanz für die Existenz von Komik auf dem Programm. Das hört sich jetzt ziemlich trocken an, liegt aber nicht an mir. Ich muss das hier einfach aufgreifen, weil so viele komische Theoretiker bzw. diese Begriffe auf ihr Papier gebracht haben, sie also für die herausragenden Bedingungen für die Existenz von Komik halten.
Heißt also: keine Distanz, keine Komik, denn Herr Sauerbrot steht uns nicht wirklich nahe (siehe Blogeintrag vom 01.10.2013). Täte er das und würde dann tot umfallen – oje, wir würden Rotz und Wasser heulen, anstatt zu kichern.
Ich habe aber noch nie gehört, dass jemand um Herrn Sauerbrot auch nur eine (Heul-) Träne vergossen hätte. Das Leben des Herrn Sauerbrot ist uns schnurzpiepegal. Denn da ist sie: die Distanz.
Und wer hat sie erschaffen? In diesem Falle Wilhelm Busch mit Hilfe seines Erzählers und seines Zeichenstils. Der Erzähler steht bei Wilhelm Busch an prominenter Stelle. Er zeigt uns quasi, was da vorne auf der Bühne so passiert. Und indem er sich selbst einblendet, stellt er sich zwischen uns und dem Geschehen und verschafft uns die nötige Distanz.
Doch auch Sauerbrot selbst verspielt mit seinem Freudentanz über den Tod seiner Frau alle Karten des Mitleidens. Sein Verhalten ist doch eher etwas befremdlich – und distanziert uns. So einem schrägen Typen wollen wir lieber nicht zu nahe kommen. Wer weiß, was der mit uns nächstes Mal im Schilde führt?  
Die cartoonhafte, schematische Zeichenweise Wilhelm Buschs tut ihr Übriges und setzt nicht gerade auf Einfühlungsvermögen.
 
Doch ist daraus zu schließen, dass Komik ausschließlich mit Hilfe von Distanzierungsmaßnahmen funktioniert? Was ist dann mit den romantischen Komödien, bei denen wir uns (ich meine hier eher uns Frauen) gleichzeitig vor Rührung die Augen ausheulen und Lachtränen produzieren? Hier harmonieren Komik und Einfühlungsvermögen miteinander. Doch worüber lachen wir denn da? Gewiss nicht über den Tod unseres Lieblingshelden, sondern über Missgeschicke, plötzliche Wendungen (Umschläge J - siehe Post vom 25.09.2013), die unseren Helden passieren, die sie aber nicht tödlich getroffen umhauen. Denn dann wären wir geschockt. Unsere Helden und Heldinnen stehen uns einfach zu nahe.
 
Daraus folgt, dass die Nähe bzw. Distanz zu einer Figur ausschlaggebend darüber ist, wie die Komik angesetzt werden darf, damit sie wirkt. Hier kommt die Folgenlosigkeit ins Spiel. Natürlich ist für uns alles folgenlos, was wir uns im Fernsehen anschauen oder aus einem Buch herauslesen – theoretisch. Doch wenn wir uns einfühlen, fühlt es sich eben nicht folgenlos an. Wir fühlen uns involviert – weswegen steigt sonst unser Papiertaschentuchverbrauch ins Unermessliche, wenn Jack mal wieder mit der Titanic untergeht. Und ja, Jack stirbt, das wissen wir alle. Und das ist dann auch gar nicht komisch. Im Gegenteil, die Szene ist zum Heu... – wo ist mein Taschentuch?? Und doch gibt es vorher Szenen, über die ich lache. Wenn Rose und Jack zum Beispiel ihren Verfolgern entkommen und – Überraschung – doch nicht mehr im Auto stecken (die sind halt schnell ;)). James Cameron schafft es, mich ganz auf Roses und Jacks Seite zu ziehen, mich in sie hineinzufühlen. Da lache ich doch gerne über ihre Gegner.
 
Denn es gibt eben unterschiedliche Arten von Komik und somit auch des Lachens. Herrn Sauerbrot, den kann ich, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen, verlachen, wenn dieser sich vor Schreck erstarrt tot umfallen lässt. Doch bei meinen Lieblingshelden, die mir nicht nur sympathisch dargeboten werden, sondern in die ich mich bestenfalls empathisch hineinversetze, denen dürfen nur kleine, folgenlose Missgeschicke passieren, wenn ich darüber lachen soll. Natürlich dürfen sie auch leiden. Und ich leide dann mit ihnen. Das kann auch ein unvergessliches Erlebnis sein. Nur sind wir hier ja beim Thema Komik und die funktioniert nur, wenn entweder die Distanz zur Figur groß genug ist, oder aber die Folge der komischen Situation, des Missgeschicks nicht schwerwiegend ist, sodass mein Held bestenfalls selbst darüber lachen kann. Wie groß nun die Distanz sein muss, damit man lachen kann, ist natürlich individuell verschieden.
 
 
Und mit einem individuellen Gruß an alle möchte ich mich für heute verabschieden. Schreibt gerne einen Kommentar oder schickt mir eine Mail. Auch über Follower auf twitter oder Google+ und Fans auf Facebook freue ich mich!
 
Liebe Grüße – bis zum nächsten Mal
Pebby

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